WALTER DIELHENN
Rudolf Steiner hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es wünschenswert sei, wenn in der Waldorfschule jeder Schüler jeden Lehrer und jeder Lehrer alle Schüler kennen würde. Das ist, besonders bei größeren Schulen, kaum noch möglich. Zur Erfüllung dieser Forderung bietet sich aber gerade für den Werklehrer vielfältige Gelegenheit.
Schon im Kindergarten begleiten die Kinder die jeweilige Gruppenleiterin zur Werkstatt, um ein Spielzeug, welches der allzu stürmischen Behandlung beim Spielen nicht standhielt, dem Werklehrer zur Heilung zu übergeben. Und alljährlich kommt jede Gruppe einmal, um das Hobeln eines rauen Brettes zu erleben. So lernen die Kinder schon bald die Werkstatt und den Werklehrer kennen. Für mich ist gerade der zuletzt genannte Besuch immer wieder ein besonderes Erlebnis, weil die kleinen Kinder wirklich noch staunen können. Ein Juchzen geht allemal durch die Gruppe, wenn aus dem Hobel die Späne wie «Löckchen» hervorquellen; und am Schluss nimmt jedes Kind beglückt eine Handvoll solcher «Löckchen» behutsam mit, um sie der Mutter zu Hause auch zeigen zu können.
In der Erwartungsstimmung der Vorweihnachtszeit ziehen die ersten drei Klassen während eines Hauptunterrichtes in der Werkstatt Bienenwachskerzen, eine Gepflogenheit, die seit vielen Jahren zur guten Gewohnheit in unserer Schule wurde. Das Wachs dazu wird das ganze Jahr von der gesamten Schulgemeinde gesammelt und in die Werkstatt gebracht.
So fühlen sich die Kinder, bevor der Werkunterricht mit der 5. Klasse einsetzt, in der Atmosphäre der Werkstatt heimisch, und mancher Besuch der «Kleinen» während der Pause beim Werklehrer lässt sie ahnen, was sie alles, wenn sie «groß» sind, auch machen können. Die Werkstatt ist voll von interessanten Dingen, und immer wieder kann man Neues entdecken. Da gibt es Schränke, in denen fein säuberlich geordnet viele Werkzeuge aufgereiht sind; da gibt es auf den Tischen eine Höhle mit einem Löwen, der gerade von einer Giraffe beobachtet wird, ob er wohl zu Hause sei; da gibt es Pferde, die gemächlich an einem Korb voll Eicheln fressen; da gibt es eine andere Höhle mit einem roten Fenster, in der zwei Gnome zu Hause sind, und dann noch Zwergenhäuslein, in denen andere Zwerge wohnen. Da stehen Krane, mit denen man «echt» spielen kann, daneben ganze Städte mit «Nürnberger Häuslein», im Regal liegen viele schöne Holzstücke in mannigfaltigen Farben und Masern und Aste in eigenartig gekrümmten Formen. Und gegenüber die Eisenbahnen und ein Sattelschlepper! Das Schönste aber ist der behäbige Schrank, durch dessen Glasscheiben man noch viele, viele andere Dinge anschauen kann: Rindenstücke und Wurzeln, Männlein, die sich bewegen, wenn man daran tippt, Löffel, Schüsselchen und Schalen, holzige Früchte und Zapfen, Nussknacker und Nüsse aller Art, ein Eselskarren und eine richtige Waage - alles aus Holz -, man kann sich an alledem kaum sattsehen! Und fast alle diese vielen Dinge haben die «großen» Schulkinder gemacht, und so schöne Dinge dürfen wir später dann auch einmal machen.

In der 3. Klasse sieht der Lehrplan der Waldorfschule im Sachunterricht unter anderem den Hausbau vor. Da streichen wir in einem Hauptunterricht echte Backsteine, die dann auch wirklich «gebacken« werden. Die Holzformen haben Schüler einer 10. Klasse in der Schreinerepoche nach alten ägyptischen Vorbildern, aber mit modernen genormten Backsteinmaßen, gearbeitet. Nach Anfeuchten und Sandeln der Form wird nun Ton hineingestampft, - da darf keine Luftblase drin sein, und auch die Ecken müssen fein vollgestampft werden. Welch beglückendes Erlebnis, wenn dann nach dem Abschneiden des überstehenden Tones mit einer Drahtschlinge der Backstein wohlgeformt aus der Form genommen werden kann! Mit roten Köpfen und lehmigen Händen schaffen die Kinder voller Begeisterung, und ganz zum Schluss wird dann noch, bevor der geformte Ton auf ein Trockengestell gelegt wird, als «Gütezeichen» der Klassenstempel aufgedrückt.
Die Ziegel können dann in einem von den Werklehrern eigens konstruierten und von Schülern einer 10. Klasse im Freien gebauten Holzbrandofen gebrannt werden. Eine Aufgabe, die sowohl den Kindern als auch dem Lehrer große Freude bereitet!
Manche Mauer im Schulgelände, Sockel für Sitzbänke und vielleicht sogar ein Brotbackofen können von den Kindern später aus den gebrannten Steinen sach- und fachgerecht mit Anweisungen des Werklehrers gemauert werden.
So ist dann die Erwartung und die Freude groß, wenn in der 5. Klasse erstmals das Fach «Werken» im Stundenplan erscheint. Nun können die Schüler bei dem Werklehrer, den sie ja schon gut kennen, in der Werkstatt, die ihnen schon vertraut ist, wirklich handwerken.
Im Erzählstoff der 4. Klasse hören die Kinder von Siegfrieds Schwert, das er bei Mimir geschmiedet hat. Dieses Schwert war so scharf, dass Wolle, in einen Fluss geworfen, von der Schneide dieses Schwertes in der Strömung glatt durchtrennt wurde. Jetzt sollen die Kinder ein solch scharfes Handschnitzmesser gebrauchen: ähnlich wie ein Taschenmesser, aber kurze Klinge mit einfachem Holzheft. Ein Zeitungsblatt, senkrecht gehalten, kann in ziehendem Schnitt ohne weiteres geteilt werden. Für den Werklehrer ist es keine leichte Aufgabe, die Kinder in das Schnitzen mit solch scharfen Messerchen einzuführen. Die Kinder sitzen im Kreis auf Hockern, die Werkbänke wurden nach außen geschoben. Mit kräftiger Behutsamkeit wird das Messer geführt. Die Ellbogen liegen am Körper an, die linke Hand hält einen frischen Kiefernast, den wir vorher auf genau 30 cm Länge gesägt haben, und wir schnitzen sorgsam aus dem Handgelenk auf uns zu: Schnitt neben Schnitt. Langsam wird das Holz sauber und die Hände mit jedem Schnitt geschickter. Der frische Harzduft erfüllt den Werkraum. Atemlose Stille tritt allmählich ein. Nach einiger Zeit legen wir alle das Messer aus der Hand und betrachten das Holz. Am Hirnholz sehen wir die Ringe. Wir erfahren vom Lehrer, wie das Holz wächst, wie Jahr für Jahr eine neue Holzschicht sich bildet. Wenn wir die «Jahresringe» zählen, stellen wir vielleicht fest, dass der Ast älter ist als wir selbst; da staunen wir wie im Kindergarten über die «Löckchen». Staunen können wir auch in den nächsten Stunden, in denen wir weiter schnitzen und dazwischen so Wunderbares über diesen schönen Werkstoff hören, der so vielfältig ist im Aussehen, in der Farbe, im Geruch, in der Härte, im Wuchs. Wie kräftig duftet das Kiefernholz, wie lieblich das Wacholderholz, wie schön ist das dunkelbraune Holz des Nussbaums gemasert. Wie bunt und kräftig leuchtet das Zwetschgenholz und Fliederholz gar violett wie seine Blüten. Und der erstaunliche Unterschied im Gewicht zwischen zwei gleich großen Würfeln aus Balsa- und aus Pockholz! Das erste ist leichter als Kork und das letzte so schwer, dass es im Wasser untergeht.
In weiteren Stunden lernen wir die verschiedenen Werkzeuge kennen, die Sägen, die Bohrer und Bohrgeräte, Beile und Äxte; denn wir wollen ja echte Handwerker werden! Da müssen wir schon eine Bügelsäge für Brennholz von einer Feinsäge unterscheiden können, und auch einen Schneckenbohrer, dessen Spitze wie ein Schneckenhäuschen aussieht, von einem Schlangenbohrer, dessen Gewinde einer Schlange gleicht. Auch da können wir staunen, wie fein sich der Mensch seine Werkzeuge für jeden speziellen Zweck geschaffen hat.
Aus den ersten Werkstücken, den geschnitzten Kiefernästen, werden Strickleitersprossen. Die Sprossen aller Kinder müssen deshalb gleiche Länge haben, alle müssen im richtigen, gleichen Abstand richtig gebohrt werden, beide Löcher einer Sprosse in der gleichen Richtung. Das geht bloß durch gegenseitige Hilfe: ein Kind bohrt, ein anderes schaut, ob der Bohrer senkrecht steht; das kann man mit etwas Abstand besser beobachten. Und dann entstehen daraus Strickleitern, die bei unserem Adventsbazar heiß begehrt sind. Die Schüler sind nun recht stolz, denn in jeder Leiter kann man durch den Namen beweisen, dass man eine Sprosse gearbeitet hat.
Mit Eifer wird nun die nächste Arbeit ergriffen. An einem Holzscheit, das wir aus dem weichen Pappelholz spalteten, erproben wir nun unsere Kenntnisse und Erfahrungen. Die Kanten werden gerundet, Vertiefungen werden angelegt, behutsam werden die Flächen geebnet, und so schnitzen wir aus dem ungeformten Scheit ein kleines Tier oder eine Menschengestalt, einen Schäfer vielleicht[1]. Und schon weiß man auch, wem man diese plastisch geformte Figur schenken kann: dem kleinen Bruder oder der Schwester, der Mutter, dem Vater oder auch einem Kind aus der Nachbarschaft. Die Kinder sollen bei jedem Werkstück erleben, dass der Gegenstand, den sie mit Fleiß und Hingabe gefertigt haben, zu gebrauchen ist und gebraucht wird.

Wir versuchen die Schüler so anzuleiten, dass sie die Arbeiten noch mit beiden Händen ausführen. Haltehand und Arbeitshand ergänzen sich. Mit Gefühl wird der Wille eingesetzt; die Kraft, die nötig ist, um einen Span vom Holz zu lösen, muss von der Haltehand als Gegenkraft angewandt werden. Die Arbeit wird noch ganz im Herz- und Atembereich ausgeführt. Muskelkraft und Rhythmus ergänzen sich.
Wie anders tritt uns das Kind in der 6. Klasse entgegen. Die beschwingte Leichtigkeit, die in der 5. Klasse noch allenthalben zu beobachten war, verliert sich mehr und mehr. Die Erdenschwere macht sich deutlich bemerkbar. Die Muskeln schließen sich stärker an die Knochen an; die Bewegungen verlieren Rhythmus und Anmut[2].
Ich benutze die erste Arbeit an der Hobelbank zur Einführung des Bildhauereisens (Hohleisen). Aus einem Scheit Ahornholz soll ein Rührlöffel gestaltet werden. Was muss alles vorbedacht sein? All dieses Vordenken ist beim Handwerken ja immer notwendig: Warum Ahornholz? - Es ist hart, dicht, ohne große Poren, geruch- und geschmackfrei, hat eine helle Farbe. Diese Holzeigenschaften, die für ein bestimmtes Gerät notwendig sind, spricht man vor Beginn der Arbeit eingehend mit den Schülern durch.

Ich mache die erforderlichen Arbeitsgänge an der Hobelbank vor: Achtung! Der Bankhaken muss durch eine Beilage geschützt werden. - Halt! Wenn ich von hinten in das Holz arbeite, spaltet es. - Wer hat richtig zugesehen, wer kann es nachmachen? Viel vormachen, wenig erklären, viel abschauen lassen. Wir zeichnen nicht auf! Selber soll das Kind aus dem Arbeitsprozess die Form finden. Bei jedem Schlag ist der Schüler gezwungen, mit ganzer Aufmerksamkeit die Wirkung der Schneide zu beobachten. Nicht zu dick darf der Rührlöffel sein, aber kräftig genug, um auch dickere Speisen «rührend» zu bewältigen. Schön geformt und ausgewogen sollen sich Stiel und Schaufel ergänzen. Vorbild kann uns unsere Hand sein, mit der wir zum Beispiel Körner in einer Schüssel gut rühren können. Behutsam wird die Form gefunden, ertastet sowohl von den Augen als auch von der Hand, feinfühlig und sorgsam werden dann Unebenheiten mit Ziehhobel oder Raspel ausgeglichen. Zuletzt wird die Form durch immer feineres Schleifpapier immer sauberer. Makellos muss die Oberfläche sein, denn der Löffel soll ja von der Mutter bei der Zubereitung der täglichen Speisen benutzt werden.
Wie glücklich ist ein Kind, wenn es von der Mutter hört: «Mit keinem Löffel koche ich so gern wie mit deinem!» Manchen Eltern muss man in einem Elternabend wirklich einen «Anstoß» geben, denn ein so schön gearbeiteter Löffel scheint ja zum Kochen zu schade, den legt man in den Schrank, um ihn Verwandten und Bekannten in möglichst «paradiesischer» Unberührtheit zeigen zu können: «Schaut, was unser Sophiechen in der Waldorfschule für schöne Sachen macht!»

Der Rührlöffel sei nur ein Beispiel. Eine verwandte Aufgabe ist etwa ein Klöpfel, den wir für das Schnitzen mit dem Hohleisen brauchen und der ganz ähnliche Arbeitsvorgänge wie der Rührlöffel erfordert; der in der Gestaltung nur vollplastisch und schwer ist, im Gegensatz zu dem flachen und leichten Rührlöffel. Für ihn ist natürlich viel mehr Kraft und Ausdauer nötig, - das idealste Holz dafür ist das harte Weißbuchenholz. Alle Klöpfel unserer Werkstatt sind so entstanden. Große und kleine, auch die verbrauchten, die, nachgearbeitet, für feine Arbeiten unentbehrlich sind. Das Besondere an diesen Klöpfeln aber sind die Stiele, die so gearbeitet werden, dass sie gut in der Hand liegen; sie müssen sich so schwingen lassen, dass man treffsicher schlagen kann, ohne dass sie aus der Hand gleiten.
Es ist für einen Elft- oder Zwölftklässler selbstverständlich, dass er zunächst einmal nach «seinem» Klöpfel sucht, wenn eine Schnitzepoche ansteht, - und vielleicht mit Verwunderung feststellt, wie dieser sich inzwischen im Laufe der Jahre durch kräftigen Gebrauch der «jüngeren Generation» verändert hat!

Da die Kinder in Begabung und Geschick ganz verschieden sind, muss man darauf bedacht sein, dass man für Schüler, die schneller mit ihrer Arbeit fertig sind, besondere Aufgaben bereit hat, denn die neue, weiterführende Arbeit soll in der Gruppe möglichst von allen Kindern gemeinsam begonnen werden. Zum Beispiel ein zweiter Rührlöffel mit der Weisung, diesen ohne Rückfrage an den Lehrer - da man die notwendigen Arbeitsvorgänge ja kennt - auszuführen; das ist für tüchtige Handwerker eine zünftige Forderung. Auch Buttermesser aus duftendem Wacholderholz (Nürnberg liegt am Rande der Fränkischen Alb), aber auch Brieföffner aus edlen harten Hölzern haben sich sehr bewährt. Verschiedene Geschicklichkeitsspiele sind bei den Schülern auch sehr beliebt. Gern würde ich auch als kombinierte Schnitz- und Raspelarbeit das traditionelle Stopfei und das Pflanzholz als Aufgabe geben. Ich scheue aber davor zurück, denn es gibt immer weniger Elternhäuser, in denen noch mit dem Stopfei gestopft, und kaum noch ein Hausgarten, in dem noch ein Setzholz benutzt wird. Ich halte es aber für dringend erforderlich, dass jeder Gegenstand, den die Kinder fertigen, wirklich gebraucht wird.
Zu einer Übung soll unsere nächste Arbeit dienen: Das ganze Jahr über hat der Werklehrer Holzabfälle verschiedener Hölzer gesammelt, die sonst ins Brennholz geraten wären. Wir wollen versuchen, daran das Gestalten und saubere Beschnitzen von Flächen zu erüben; eine Fertigkeit, die man handwerklich können muss, wenn man später plastisch-künstlerisch gestalten will. Vorher war das Hohleisen nur Mittel, um die Form vorzuarbeiten, danach wurde mit Raspel, Feile, Ziehhobel und Schleifpapier geglättet. Jetzt soll die Schnitzfläche erhalten bleiben!

Wir schnitzen aus diesen Abfällen, die ja naturgemäß ganz verschieden sind, unsere bekannten «Nürnberger Häuslein». Bei der Gestaltung der einzelnen Häuslein entwickelt das Kind Phantasie, die stark von der Form und Beschaffenheit des jeweiligen Holzstückes geprägt ist. So wird jedes Haus in Form, Größe und Gestaltung anders, weil ja jeder Rest und jedes Kind anders ist. Wie vielgestaltig die einzelnen Häuser sein können, ist aus obenstehender Abbildung ersichtlich.
Ein einzelnes Haus kann man recht schön finden, aber spielen kann man erst mit mehreren. So schicken wir seit vielen Jahren solche Häusergruppen an viele Waldorfkindergärten Deutschlands, Europas, ja darüber hinaus. Die Schüler der 6. Klasse trennen sich verständlicherweise nicht leicht von ihren Werken. Doch die Wehmut des Trennungsschmerzes wird verkraftet, wenn dann solche Dankesbriefe von den Kindergartenkindern kommen:
«Liebe Klasse 6a! Da habt ihr uns aber eine Freude gemacht! Das war ein Jubel, als aus dem Paket ein Haus nach dem anderen herauskam; und alle verschieden! Wir haben eine lange, breite Fensterbank, die ist nun zur Stadt geworden. Ich musste gleich viele Leute machen, die in der Stadt wohnen können. Unsere Freya wünschte sich dann noch Braut und Bräutigam für die Kirche. Und Nicole wollte gar nicht frühstücken, weil sie sich von der Stadt nicht trennen konnte.»
In der 6. Klasse können, um das Schnitzen einer Fläche zu üben, auch Wohnhöhlen aus gespaltenen Stämmen oder Zwergenhäuslein gefertigt werden. Bei letzteren wird der gespaltene Stamm nach dem Aushöhlen und Sauberschnitzen wieder zusammengeleimt und dann zu Ende gearbeitet - besonders komfortabel mit Tür und Riegel. Die Scharniere sind aus Leder richtig angeschlagen. Ein Riegel, der richtig zu schließen ist, ist schon eine Vorübung für die Mechanik von beweglichem Spielzeug, das von Schülern vornehmlich der 7. und 8. Klasse gefertigt werden soll.

Ähnliche Arbeitsvorgänge wie bei der Wohnhöhle erfordert auch die Schaufel, die in verschiedenen Variationen als Aufgabe gegeben werden kann: als Mehl-, Zucker- oder Salzschaufel, die als «besonderes» Werkstück die Zeit bis zur nächsten Arbeit überbrückt. Dabei ist uns wieder die Hand als Schaufel Vorbild. Schon beim Aussuchen des entsprechend gekrümmten Aststückes achten wir auf die vorgebildete Schöpfbewegung.
Schauen wir nun auf die 7. Klasse hin. Die Kinder verlieren mehr und mehr Rhythmus und Anmut in ihren Bewegungen. Seelisch ziehen sie sich stärker in sich zurück, bilden «Innenräume». Einen nach oben noch ganz geöffneten Innenraum versuchen wir nun auch in Gestalt einer Schale zu bilden. Wir schnitzen in dieser Klasse Schalen aus den mannigfaltigsten Hölzern, in ganz verschiedenen Größen, aber stets für einen bestimmten Zweck.
«Was soll meine Schale aufnehmen?» Schon vor dem ersten Schnitt wissen die Schüler auch jetzt, wem sie die Schale einmal schenken werden. Vielleicht ist es sogar vorher mit den Eltern abgesprochen, welche Schale zu Hause noch nötig wäre. Auch hier arbeiten wir nur aus gespaltenem Holz, das nicht durch ein Sägegatter zum Brett wurde, sondern noch die ganze natürliche Urwüchsigkeit des Baumstammes, der Äste bewahrt hat. Deshalb sieht auch jedes Holzstück anders aus, keines gleicht dem anderen. Bei der Auswahl setzt bereits die erste schöpferische Arbeit ein: die Frage, mit welchem Stück ich mich verbinde und ob ich die gedachte Schale schon in etwa darin erblicken kann.
Wir spannen ein halbrundes Holzstück mit der gespaltenen, also der geraden Seite, nach unten ein und beginnen auch hier, wie immer ohne Aufzeichnung, auf der Rinden-Außenseite ganz klein in der Mitte zu schnitzen. Schon jetzt achten wir auf eine schöne Form und vergrößern und vertiefen diese Urform ganz allmählich. Mit wachen Sinnen muss der Schüler dabei stets die Spur der Schneide des Bildhauereisens verfolgen. Nach jedem Arbeitsgang, nach jeder Schicht, die herausgeschlagen wird, soll die Form harmonisch und schön sein. Vielleicht kann man auch die endgültige Schalengestalt, die ja ganz individuell werden kann und sich von jeder anderen unterscheiden soll, schon im kleineren Zustand «ausprobieren».
Wenn man die Schüler vor Beginn der Arbeit fragt: «Wollt ihr lieber weiches oder hartes Holz?», so tönt einem im Chor, fast wie eingeübt, entgegen: «Weiches!» Bei der Frage nach dunklem oder hellem Holz entscheiden sich sehr schnell viele Schüler für dunkles. Und es ist ja in der Tat so, dass Kernhölzer sich für Schalen besonders gut eignen und daß diese Schalen gerade durch den farblichen Unterschied von hellem Splintholz (Stamm-Außenseite) und dunklem Kernholz (Stamm-Inneres) viel ausdrucksvoller erscheinen als Schalen aus einfarbigen Hölzern. Besonders harmonisch wirken die Schalen durch die Zeichnung der geschlossenen, konzentrischen Jahresringe und dem hellen Splintrand, wenn wir, wie beschrieben, an der Außenseite mit dem Schnitzen beginnen. Ich habe in vielen Jahren die Erfahrung gemacht, dass es Schülern einer 7. Klasse nur selten möglich ist, eine Schale plastisch durchzugestalten. Die eigentlichen künstlerischen Kräfte sind in diesem Lebensalter noch nicht erwacht. - Einer Schale, die aus einem Brett gearbeitet ist, sieht man das ursprüngliche Brett auch im fertigen Zustand noch immer an. Durch die Form des Baumstammes entsteht bei jeder Schale wie von selbst ein harmonischer Schwung des Schalenrandes, wenn das Holz wie oben beschrieben verwendet wird.
Der Rand hat eine ganz wichtige Bedeutung bei der Gestaltung. Er soll ja die Verbindung zwischen der Innen- und Außenform bilden; er muss verbinden und darf nicht trennen. Für die Schüler stelle ich immer drei Möglichkeiten zur Wahl: Entweder runden von beiden Seiten, oder runden von außen, oder runden von innen. In den beiden letzten Fällen entsteht zwischen innen und außen eine Kante. Das sind Randgestaltungen, die jeder Schüler einer 7. Klasse gut ausführen kann.

Bei der Aufgabe «Schale», deren Urmotiv wieder die menschlichen Hände sind, ist mir ein Wort des chinesischen Weisen Lao-tse (3. oder 4. Jhd. v. Chr.) ein Leitmotiv: «Aus Ton entstehen Töpfe, doch das Leere in ihnen ist das Wesentliche des Topfes.» Deshalb lasse ich die Schüler auch stets mit der Innenform, dem Wesentlichen, beginnen und auch fertig sauberschnitzen. Vom Rand aus wird die Form gebildet, denn der Rand ist Anfang und Ende der Innenfläche. Ist das Schaleninnere geformt und saubergeschnitzt (Fläche zu sehen, zu tasten und Fläche feinzuschnitzen haben wir bei den Nürnberger Häuslein oder an den Zwergenwohnungen geübt), wird anschließend die Außenform zu der Innenform entsprechend gestaltet. Zuletzt wird mit dem Rand in der oben geschilderten Art die Schale vollendet.
Wir haben einen Gegenstand gefertigt, der wirklich gebraucht werden kann und an dem man sich immer wieder erfreut, weil er schön ist und zugleich zweckmäßig. Die Mühe hat sich gelohnt, wenn auch manchmal der Feuereifer des Anfangs arg nachgelassen hat. Wieviel Mühe machte oft die Härte des Holzes! Aber es stimmte ja, was der Lehrer zur Ermunterung scherzweise sagte: «Es gibt gar kein hartes Holz, es gibt nur zu große Späne!« Der Erfolg
lässt uns alle Mühe und Plage vergessen. So wird es uns noch oft im Leben gehen, meint der Lehrer. Ob er Recht hat?
In vielen Vorträgen Rudolf Steiners findet man Hinweise auf bewegliches Spielzeug. Dieses Thema ist auch eine Aufgabe für die Altersstufe der 7. Klasse: Anfängliches Durchdenken und Verwirklichen einfacher Mechanik. Wenn R. Steiner von beweglichem Spielzeug spricht, meint er immer Bewegung von Menschen und Tieren. Das ist eine dankbare Aufgabe für den Werkunterricht, die oft eines gewissen Humors nicht entbehrt. Aber es ist gar nicht so leicht, wenn man typische Bewegungen mechanisch erzeugen will. Vielfältige Beispiele aus dem Gebiet des Volksspielzeugs können uns dabei Anregung sein. Es gibt einfache mechanische Gesetze, die man sich bei der Herstellung solchen Spielzeugs zunutze machen kann.
Hebelwirkungen findet man bei hämmernden oder sägenden Handwerkern angewendet, aber auch bei spielenden oder miteinander kämpfenden Tieren, die im Hin und Her aufeinander zugehen oder zurückweichen. Die Hebelbewegung auf eine Schere übertragen, bietet neue, ungeahnte Möglichkeiten; sie ist besonders als Gemeinschaftsarbeit geeignet. Da kann eine Gänseliesel ganze Gänseherden vor sich hertreiben. Selbst die drei Könige können samt Gefolge und Kamelen zur Krippe kommen.

Dann gibt es die einfache Drehung, verbunden mit einem Exzenter, mit der sich die mannigfaltigsten Hin- und Herbewegungen erzeugen lassen, z.B. mit «Katz und Maus», wobei es der Maus immer noch gerade gelingt, sich rechtzeitig in ihr Häuschen zurückzuziehen, bevor die Katze zuschnappt. Aber auch Bewegungen zwischen zwei Menschen, zwischen Mensch und Tier oder zwei Tieren lassen sich auf diese Art darstellen. Ganz reizend wirken auch Bewegungen, die waagrecht zur senkrechten Drehbewegung der Räder liegen, wie tanzende Püppchen, die sich um ihre eigene Achse drehen.
Eine andere Möglichkeit bietet das Pendel, ob es nun ein Tier auf einer Regalkante schaukeln lässt, oder ob es bei einem Vogel abwechselnd Kopf und Schwanz bewegt.
Auch durch wechselweise Spannung und Entspannung einer Schnur lässt sich etwa ein Klettermännlein oder ein Klettertier rasch bis hinauf zur Zimmerdecke bewegen.

Ich glaube, dass in ähnlicher Aufgabenstellung die einfache Mechanik auch bei technischem Spielzeug angewandt werden kann, eine Aufgabe, die besonders in einer 8. Klasse gern aufgegriffen wird. Eine Eisenbahn zum Beispiel fordert, dass jedes Achsloch präzise parallel gebohrt werden muss. Wir übten das schon bei den Strickleitersprossen in der 5. Klasse. Besonders gern wird ein Kran gebaut, möglichst mit Hemmung, so dass das Seil in jeder Lage angehalten werden kann. Da entstehen dann die verschiedensten Modelle, die wieder angeregt werden können durch Äste und Astgabeln, denn auch jetzt bleiben wir unserem Vorsatz treu, dass wir nichts aus Brettern gestalten. Und die schönen Formen unserer technischen Werke bestätigen uns, dass so etwas aus Brettern nicht möglich gewesen wäre. Keine noch so schöne Grundplatte kann so elementar feststehen wie eine Fichtenwurzel als Basis eines drehbaren Kranes, und kein Haken kann so fest halten und gleichzeitig so schön sein wie die gewachsene Zweiggabel einer Birke.


Die Kinder werfen dabei einen Blick hinter den Vorhang der Natur und erleben, wie deren schaffende Kräfte an Wurzeln, Ästen und Zweigen auch technische Aufgaben bewältigen. So wird das Schöne mit dem Technischen immer zu verbinden sein, wenn man in dieser urtümlichen Art mechanische Dinge zu gestalten versucht: Wir arbeiten hier im Vorfeld für das Begreifen einfacher mechanischer Grundbegriffe, auf die von der 7. Klasse an immer stärker das Bewusstsein der Schüler gerichtet wird und die später zum Verstehen der Maschinen führen.
Wie schon erwähnt, bekommen die Kinder ihre Werkarbeiten nicht alle mit nach Hause. Die Strickleiter bildet ein gemeinsames Werk, ebenso die «Häuslein», die in Kindergärten verschickt werden. Auch in der 8. Klasse arbeiten die Kinder nicht für sich selbst, wenn es kurz vor Ende des Schuljahres nicht lohnt, noch eine neue Arbeit zu beginnen. Wir haben auf diese Weise Krane, Burgen, Tiere und vieles andere mehr für Schule und Werkstatt - zur Anregung der Schüler - gewonnen. Aber es ist ebenso wichtig, dass die Kinder ihre Arbeiten selbst verschenken oder gebrauchen können. Oft hängen sie als Erwachsene noch an ihren kleinen Kostbarkeiten oder zeigen ihren eigenen Kindern, was sie einstmals geschafft haben.
Etwas Besonderes aber ist die Arbeit für den alljährlich stattfindenden Adventsbazar der Schule. Hier wird einmal echte Serienarbeit geleistet. Alle helfen gemeinsam zum Gelingen, die Werklehrer machen nicht nur Überstunden, sondern Übertage! Vier Wochen vor dem Verkauf bleiben die Schülerarbeiten in den Kisten, und wir fertigen statt dessen bewegliches Spielzeug oder Eisenbahnen aus Haselnussästen, Klettermännlein oder Schaukeltierchen, kleine «Nürnberger Häuslein» oder Hampelmänner und Waagen mit gebrannten Tonschalen für den Kaufmannsladen, auf denen man richtig wiegen kann.
Die Werklehrer haben entgegen ihren sonstigen Grundsätzen die Dinge nach eigenem Entwurf auf der Maschine vorgearbeitet. Die Einzelteile liegen schon geordnet auf den Werkbänken bereit, die nötigen Werkzeuge daneben. Der Lehrer teilt ein, bespricht die Arbeitsgänge, die den Kindern bisher oft ungewohnt waren. Und nun schaffen wir, wie es in der Erwachsenen-Welt allgemein üblich ist, «in Serie».
Wir überschnitzen z.B. eine schon ausgesägte Figur. Die spontane, künstlerische, individuelle Ursprünglichkeit, die sonst unseren Schülerarbeiten eigen ist, geht dadurch oft verloren, wird aber wettgemacht durch den selbstlosen Einsatz für eine gemeinsame Sache; denn wir können so schneller und wirklich rationeller schaffen, wenn sich jeder seinen beschränkten Arbeitsgang eingelernt hat und immer wiederholt.
Viel Freude macht das Arbeiten von Einzelteilen. Bei einem Wagen mit Zugtier schnitzt ein Schüler den Wagen, ein zweiter den Ochsen, Esel oder das Pferd. Ein anderer baut zuletzt alles zusammen. Bei einem Hampelmann, der im Verkauf großen Anklang fand, schliffen die Schüler der 5. Klassen die Leisten des Recks, die 6. Klassen fertigten die Arme, die 7. Klassen die Beine und die 8. Klassen die Körper, - ein ganz neues Erlebnis für die Schüler, denn die Einzelteile müssen ja beim Zusammenfügen genau passen. Sie müssen aber auch gleichzeitig fertig werden; denn was nützt es, wenn vielleicht noch die Arme fehlen und dadurch die ganze Fertigung ins Stocken gerät! Es kommt dabei also auf jeden einzelnen an, auf seinen Fleiß, seine Achtsamkeit und Genauigkeit.

Ähnliche Arbeitsteilung kann man bei einer Eisenbahn durchführen. Die einen schnitzen Wagen, andere gestalten die Lok, und wieder andere sorgen für die Räder, die ja sauber sein sollen und gut zentrisch gebohrt, damit sie sich auch richtig drehen können. Dazu werden vom Lehrer gefertigte Schablonen benutzt.
Die Schüler sind dann mit Recht stolz auf ihr Werk, denn sie erfahren an den Verkaufsständen unmittelbar, wie die - Kundschaft» wählt, aussucht, vergleicht oder auch die Funktion prüft, um dann zuletzt mit dem Gekauften glücklich abzuziehen. Den Käufern ist bewusst, dass es derart handgearbeitetes Spielzeug nirgends sonst zu kaufen gibt. Das wissen die Kinder schon aus der Werkstatt, wo sie z.B. den Unterschied zwischen guten, von der Maschine gefertigten Holztieren, die ihnen der Werklehrer manchmal vorführt, und den selbstgemachten Gegenständen wahrnehmen und beurteilen lernen.

Die Schüler haben erlebt, wie ein gemeinsames, überschaubares Werk durch den Einsatz vieler geleistet werden kann. Aber sie merken auch, wie schwer es sein mag, vielleicht ein Leben lang dieselbe Arbeit zu verrichten, wie es der Beruf ungezählter Menschen erfordert. Die Arbeit für den Bazar hat ihren Sinn gehabt, wenn die Kinder neben allen unmittelbaren praktischen Erfahrungen auch diese machen und ihre Schuhe, die Uhr, das Buch mit anderen Augen ansehen als bisher. Alle diese Sachen, die wir alltäglich in großer Zahl benutzen, sind ja durch die Arbeit vieler Menschen in solcher Weise hergestellt worden.
Von den Kindern aber werden nun die eigenen Arbeiten mit neuer Freude und neuem Schwung wieder aufgegriffen - das ist für den Lehrer immer ein erstaunliches Erlebnis.
Alle Werkstücke, die beim Gebrauch oft durch die Hand gehen, also im wahrsten Sinne des Wortes «gehandhabt» werden, sollen einen Oberflächenschutz erhalten, um gut gebrauchsfähig zu sein und zu bleiben. In besonderem Maße gilt das für Holzspielzeug. Es bedarf eines Schutzes, einer Art «Haut» für die sorgsam geschnitzte oder geschliffene Oberfläche, die nicht wie eine Lackschicht die tastenden Kinderhände von dem schönen und warmen Werkstoff Holz trennt.
Als natürliche Substanz bietet sich dazu wohl am ehesten Bienenwachs an. Behandeln wir aber eine Oberfläche mit reinem Bienenwachs, so ist sie immer leicht klebrig und gegen Feuchtigkeit sehr empfindlich, so dass der matte Seidenglanz, den wir am Bienenwachs so lieben, schnell unansehnlich wird. Deshalb haben wir uns selbst geholfen und eine Bienenwachssalbe ausprobiert, die seit über drei Jahrzehnten bei uns Verwendung findet. Sie besteht zur Hauptsache aus dem edlen Bienenwachs, welches durch Beimischen von kostbarem Karnaubawachs gehärtet wurde, einem natürlichen Hartwachs von den Blättern der Karnauba-Palme aus Brasilien. Die Zähigkeit dieses Überzugs wird durch echtes Lärchenharz erzielt, und durch rohes Leinöl erhält er eine feine Geschmeidigkeit. Diese natürlichen Ingredienzen werden in einem bestimmten Verhältnis gemischt und mit Balsam-Terpentinöl angesetzt und im Wasserbad heiß verschmolzen. «In der Werkstatt riecht es immer so gut», sagen die Kinder, aber auch Besucher bemerken es oft.
Diese Nürnberger Wachssalbe hat sich nicht nur für Spielzeug, sondern auch für viele andere Gebrauchsgegenstände als Überzug bestens bewährt. Schalen, Leuchter, Brieföffner, ja selbst Tonplastiken, die, getrocknet, viel von der ursprünglichen Frische verloren haben, gewinnen wieder einen zarten Oberflächenglanz, wenn man sie nach dem Trocknen mit dem zähflüssigen Wachs satt einlässt, sodann das von dem Werkstoff nicht aufgesaugte Material abreibt und später, nach entsprechender Trockenzeit, mit einem weichen Lappen nachpoliert und dadurch abglänzt.

Natürlich werden Rührlöffel nach der Behandlung mit dem «Zauberstäbchen» nicht eingelassen, weil nämlich das Wachs der Hitze im Kochtopf nicht standhielte und außerdem der Geschmack der Speisen davon beeinflusst würde. Das «Zauberstäbchen» ist ein Rundstab aus Hartholz, mit dem man über die glattgeschliffene Fläche des Rührlöffels reibt. Das erzeugt einen wirklich zauberhaft zarten Glanz, und das Erstaunen der Kinder ist groß. Leider geht dieser mit dem ersten Kochen wieder verloren. Salatbestecke werden mit Speise-Leinöl eingerieben. Größere Gegenstände, vor allem solche mit teilweise rauer Rindenfläche, ölen wir gerne mit Halböl ein; das ist Leinölfirnis und Balsam-Terpentinöl, 1 : 1 kalt verrührt. Nur Schiffe werden, um wirklich gebrauchsfähig zu sein, mit einem wasserfesten Lack überzogen.
So erhält jeder Gegenstand die zu ihm passende Haut - wir wissen ja von uns selbst, wie wichtig eine solche für Leben und Gesundheit ist.
In der 8. Klasse lasse ich die Schüler gern unter verschiedenen «Angeboten» von Arbeiten wählen. Ein Xylophon, bei dem der Klang des Holzes fein abgestuft ausgenützt wird, ist unter musikalisch begabten Schülern eine beliebte Aufgabe. Zuerst werden die Klanghölzer aus vorgefertigten Hartholzleisten in verschiedenen Längen zugesägt und dann nach dem Gehör fein abgestimmt. Wir experimentieren dabei und kommen zu der Erfahrung, dass das Holzstück auf dem Hohlkörper mit dazwischen gelegtem Filz den vollsten Ton entwickelt. Auch das Anschlägen des Tones wird mit verschiedenem Material erprobt und das Hämmerchen in der zweckdienlichsten Form gefertigt. Sodann wird, den Klanghölzern entsprechend, ein schalenartiger, hinten und vorne offener Klangkörper geschnitzt.
Gern werden auch Nussknacker gemacht, besonders solche aus einem Baumstamm, den man zu einem Gnom gestaltet, der mit großem Maul die Nüsse knackt. Oder auch Schalen- Nussknacker, bei denen die Schale der 7. Klasse in anspruchsvollerer Form noch einmal wiederholt wird. Oder ein Leuchter - eine einfache Gestaltungsaufgabe: Wichtig ist ein fester Stand, ein Emporheben der Kerze, ein Teller zum Auffangen der Wachstropfen, der aus Kupferblech angefertigt wird und mit dem aufgeschraubten Dorn für die Kerze, aus einer Messingschraube gefeilt, einen ansprechenden Zusammenklang mit dem feingeschnitzten Holz bildet.

Andere Schüler wählen ein Salatbesteck aus edlem Holz - ein Fortführen des Rührlöffels der 6. Klasse mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad.
Gerne wird auch die Gestaltung einer Burg aufgegriffen. Jetzt können die Erfahrungen an den Nürnberger Häuslein von damals Anwendung finden beim Schnitzen einer großen Ritterburg mit Türmen, Kemenaten, Erkern und Zinnen, ja sogar mit einer Zugbrücke, die durch Ketten hochgezogen wird. In gleicher Weise werden auch Hirten und Tiere, die in einfachen Formen schon in der 5. Klasse entstanden sind, neu gestaltet - schon eine Vorübung zu dem künstlerischen Holzwerken, das als Epoche in der 11. Klasse unseres Lehrplans erscheint.

Die Schüler haben sich im Laufe der drei Jahre, die sie im Werken unterrichtet wurden, schon manche Fertigkeit angeeignet, so dass sie jetzt ihre individuellen Fähigkeiten gut anwenden können. Ich glaube, dass das «Wählen-Kön- nen» in diesem Alter deshalb wichtig ist, weil sich die persönlichen Verschiedenheiten der Schüler immer deutlicher zeigen mit ihren besonderen Neigungen und auch Ablehnungen, die sich in der Werkstatt auf diese Weise durchaus positiv ausleben dürfen. Dadurch entsteht gerade in der 8. Klasse eine anregende Vielgestaltigkeit, die vorn Lehrer große Beweglichkeit verlangt, damit er allen Schülern und den mannigfaltigen Arbeitsprozessen, die dadurch bedingt sind, gerecht wird. Wie die Schüler durch die Größe ihrer Aufgaben, die Härte des Holzes in Schweiß geraten, so auch der Werklehrer, weil er manchmal mit aller Energie gegen Trägheit und Lahmheit seine selbstverständliche Schaffensfreude einsetzen muss! Er hat aber auch glücklichen Anteil an den tüchtigen Fortschritten seiner Zöglinge, wenn es ihm gelingt, die Schüler mit seiner ansteckenden Begeisterung, mit Ermunterungen, Humor und Lob zu erreichen.
Die treffendste Arbeit für dieses Lebensalter, so meine ich, ist ein Schiff; und erstaunlicherweise wählen viele Schüler diese Aufgabe. Man stelle sich einen Achtklässler vor, wie er, so ganz von der Erdenschwere ergriffen, am liebsten nicht nur sitzt, sondern herumlehnt oder irgendeine Stütze sucht. Er muss ja dieses Stadium einmal durchmachen.
Beim Schiff, das ganz konsequent symmetrisch geformt ist, wird er nun dauernd gefordert, sich in die Senkrechte zu begeben und mit äußerster Präzision rechts und links zu vergleichen, um dadurch Gleichmaß in den Schiffskörper zu bringen. Darauf muss sich dann der Mast senkrecht nach oben, der Kiel senkrecht nach unten aufbauen. Man muss sich selbst in ein rechtwinkliges Achsenkreuz hineinstellen, sonst kann das nicht gelingen. Nur durch die senkrecht aufgerichtete eigene Wirbelsäule ist es möglich, z.B. zu sehen, ob ein Bild wirklich gerade an der Wand hängt; sobald man auch nur den Kopf schief hält, geht die senkrechte und waagrechte Orientierung verloren. Das Bohren des Bohrloches für den Mast ist deshalb immer eine sehr spannende Geschichte: Das Deck muss ganz waagrecht liegen, was man durch ein quergelegtes Brett gut prüfen kann, und dann wird mit Hilfe eines Mitschülers, der das Senkrecht-Sehen übernimmt, das Loch gebohrt. Dieses Einordnen in die Richtungen des äußeren Raumes ist durch die notwendige Überwindung der eigenen Körperschwere, der er in diesem Lebensalter ja so gern verfällt, eine Wohltat für den jungen Menschen.

Dass die Schiffe schwimmfähig sind, ist unbedingte Voraussetzung. Dass der Bleikiel, den wir in einer selbstgefertigten Gipsform gießen, ganz in die fertige Form einbezogen sein muss, ist nach all den vorausgegangenen Arbeiten eine Selbstverständlichkeit. Auch den Schiffsrumpf arbeiten wir aus einem Stück Rohholz, bei dem zuerst das Deck, das eine Ebene sein muss, dem Wasser gemäß einen schönen Schwung haben soll. Nun legen wir die symmetrische Form fest. Breite Schiffe schwimmen besser! Das Schnittige liegt in der Form des Decks; zwischen Bug und Heck schwingt die Bordwand in einem straffen, zur Mitte hin abfallenden Bogen. Haargenau unter der Mittellinie des Decks liegt der Kiel. Die Höhe des Mastes - und damit die Größe des Segels - und Länge sowie Gewicht des Kieles ergänzen sich gegenseitig; ist das Segelwerk zu groß und der Kiel zu gering, kann das Schiff beim Segeln umschlagen. Umgekehrt kann ein zu kleines Segel den unnötigen Ballast eines zu schweren Kieles nur träge durch die Fluten tragen. Der Kiel ist ein Bild für den «Schwerpunkt», den der junge Mensch in sich selbst finden muss, wenn er Wind und Wellen erproben will. Leichte und Schwere müssen sich gut auswiegen. Überall sind wir auf feine Gleichgewichtsverhältnisse angewiesen.
Auch das funktionsfähige Steuer ist ein wichtiges Element, das mit Sorgfalt erstellt werden muss. Die meisten Schiffe werden als Segelschiffe gebaut. Die Takelage muss dann natürlich fachgerecht angebracht werden. Über diese Dinge wissen die Schüler oft besser Bescheid als der Werklehrer. Solch ein Schiff, oft fast ein Meter lang, ist schon ein stolzes Arbeitsergebnis eines Vierzehnjährigen.
Ganz hohe Anforderungen an präzises Arbeiten stellt gar ein Katamaran, der von besonders tüchtigen Schülern immer wieder einmal als Aufgabe gewählt wird. Wenn ein solches Schiff tadellos gestaltet und schwimmfähig gearbeitet ist, so ist wenig dagegen zu sagen, wenn sich technisch versierte Schüler - und solche findet man schon in der 8. Klasse - zu Hause noch eine Fernsteuerung oder ähnliche technische Dinge einbauen. Dadurch geht allerdings leicht die Spannung und das feine Gefühl für Wind und Wellen verloren, weil man sonst geschickt mit der Einstellung von Segel und Ruder experimentieren muss, damit das Schiff auch richtig am anderen Ufer landet.
All diese Arbeiten der 8. Klasse, die in gesteigertem Maße schön sein sollen, aber jedem kritischen Blick gegenüber ihre Funktionstüchtigkeit unter Beweis stellen müssen, sind bereits Übergänge in das kunstgewerbliche Arbeiten, das in der Oberstufe stattfinden soll. In ganz neuer Art wird das Holzwerken dann in der Schreinerepoche der 10. Klasse aufgegriffen und fortgeführt.
Wie stark muss der Schüler in jedem Augenblick den Willen zügeln, wenn er z.B. die Innenform der Schale schnitzt. Ich erzähle den Kindern oft, wie ich als Bauernbub mit Ochsen fahren und ackern musste. Die Ochsen leisteten schon mit ihrer Kraft die Arbeit, aber zum Lenken war der Fuhrmann notwendig. Ganz fest musste der auf der Erde stehen, um die Kraft der Ochsen im wahrsten Sinne des Wortes zu zügeln. So muss die Hand, die das Eisen beim Sauberschnitzen führt, ganz fest aufliegen, damit die Kraft, die die andere Hand leistet, «gezügelt» wird. Ein Bild, das von den Kindern gut verstanden wird und das erstrebenswert erscheinen kann auch für ihr Handeln.
Welch feine Nuancen muss unser Auge bei der Formgebung einer Schale unterscheiden, damit der Fluss des Randes nicht durch eine Mulde oder eine unschöne Verdickung unterbrochen wird. Die Innenform ertasten wir besser mit der Hand, die sanft über die feingeschnitzte Fläche gleitet und uns mit Sicherheit jede Unebenheit verrät. Hier sollte man die Kinder zu einem wirklichen Können führen. Schon bei den Rührlöffeln erfasst unser Tastsinn z.B. jeden Buckel im Stiel; je feiner er geschliffen wird, desto deutlicher kommt zum Vorschein, was noch nicht geschafft ist. Hierbei leistet der feine Druck der Fingerspitzen mehr als das Auge, und der Lehrer wird das Kind anleiten, selbst den Maßstab für tadellose Arbeit in sich zu finden: «Schau mal, ob du die zwei Buckel noch spürst, - dann kannst du mit dem Schleifen beginnen...» Das Kind führt dann aus, was es selbst bemerkt, nicht nur das, was ihm der Lehrer aufträgt.
Beim feinen Abwägen der Symmetrie, beispielsweise beim Schnitzen eines Schiffsrumpfes, wird unser Gleichgewichtssinn in Anspruch genommen; zusammen mit dem Tastvermögen des Auges und der Hand können wir wahrnehmen, ob sich linke und rechte Seite einwandfrei ergänzen. Denn stimmt die äußere Form des Umrisses nicht, wird auch die innere Hohlform schief - das kann sich beim Schwimmen sehr nachteilig auswirken. Auch beim Einrichten des Kieles und Mastes wird der Gleichgewichtssinn in starkem Maße gefordert. Der Bewegungssinn ist in jeder Bewegung tätig, bei der das Kind wach beobachtet, was es mit dem Werkzeug tut.
Aber sogar das Gehör sagt uns etwas im Umgang mit dem Holz: ein gesund gewachsenes Stück Spaltholz klingt frisch, ein stockiges stumpf, ein Stück weiches Lindenholz hat nicht den klaren Klang des harten Ahorns. Bei der Herstellung eines Xylophons wird der verschiedene Klang eines langen oder kurzen Holzstückes musikalisch ausgenutzt, - ja man kann sogar bemerken, wenn jemand sein Werkstück nicht richtig eingespannt hat, weil es dann beim Schnitzen mit dem Klöpfel vibriert. Selbst falsches Ansetzen eines Werkzeuges tut sich durch den Klang kund. Immer wieder sollte man die Kinder zum Gebrauch ihrer Sinne anregen, dadurch können sie selbständiger und sicherer im eigenen Handeln werden. Auch deshalb zeichnen wir die Formen der Werkstücke möglichst nicht vor, damit sie während der Arbeit durch die Wachheit der Kinder aus ihren eigenen Sinnesbeobachtungen entstehen können.
Unzählige Möglichkeiten gibt es gerade im Werkunterricht, sich gegenseitig zu helfen: beim Holzaussuchen im Holzlager, beim Spalten der Scheite, beim Einspannen. Wie gut kann ein starker Junge einem schwächeren bei der Arbeit helfen; wie gut tut es einem geschickten, wenn man ihn leise darauf aufmerksam macht, wie er einem ungeschickten Mitschüler «unter die Arme greifen» könnte. Das kann für den Lehrer eine große Stütze sein, besonders dann, wenn man bedenkt, dass wir im Werken heute immer noch mit halben Klassen arbeiten, die in manchen Fällen auch noch über die Zwanzig hinausgehen können. Hier erfordern es geradezu die Verhältnisse, die der Lehrer schon bei der Vorbereitung bedenken kann, dass gegenseitige Hilfe und Rücksichtnahme geübt wird, beispielsweise zu Unterrichtsbeginn bei der Verteilung der Werkbänke, die in ihrer Art unterschiedlich gut zu verwenden sind. Es kommt auch vor, dass das Werkzeug nicht immer wie gewünscht ausreicht, wenn die gleichen Werkzeuge für gleiche Arbeitsgänge gebraucht werden. Da hilft nur Disziplin und Rücksichtnahme; es darf sich kein Schüler zu Beginn der Stunde das Werkzeug aus dem Schrank holen, bevor seine Arbeit mit dem Lehrer durchgesprochen wurde, ebenso ist das vorzeitige «Belegen» der Arbeitsplätze streng verpönt. Denn ein ungeschicktes Kind braucht eine bessere Vorrichtung zum Einspannen des Werkstückes, während ein geschicktes auch mit einer behelfsmäßigen Einrichtung zurechtkommen muss. Hier wird nie dem «Recht des Stärkeren» oder Klügeren nachgegeben; es gibt in der Werkstatt nur das Gesetz der gegenseitigen Hilfe und des Verständnisses für den anderen.
Ich empfinde es als dringende Notwendigkeit, dass alle Arbeiten am Abend vorher noch einmal durch die Hand des Lehrers gegangen sind und jedes Kind in der Vorstellung des Lehrers aufgetaucht ist. So wird die Stunde begonnen. Ordnung ist schon veranlagt im Ablauf, Fortgang und Abschluss einer jeden Werkstunde. Die Kinder sind gewohnt, nachdem sie durch Handschlag begrüßt wurden, auf den vorderen Bänken dem Lehrer gegenüber Platz zu nehmen. Das gibt zunächst einmal ein Abklingen der Turbulenz der Pause, vielleicht auch vorhergehender Erlebnisse, durch die sich die Gemüter erregt haben. So kann die Stunde durch ein paar Worte des Lehrers, die sich auf den Fortgang der Arbeit, vielleicht aber auch auf ein Ereignis der letzten Werkstunde beziehen, eingeleitet werden. Danach werden die Arbeiten ausgegeben.
Der Lehrer muss überall sein Auge haben, er lobt, weist zurecht, verbessert wenn nötig, greift auch hie und da helfend ein und darf dabei stets «besondere» Schüler nicht aus dem Bewusstsein verlieren. - Manchmal wird die Arbeit unterbrochen, um auf Besonderheiten aufmerksam zu machen, die ein Kind an seinem Werkstück entdeckt und die von allgemeinem Interesse sein können. Aber auch spezielle Arbeitshinweise oder Handgriffe werden so von allen - vielleicht schon zum dritten Mal - wahrgenommen.
Bei einer verschwatzten Gruppe kann es sehr heilsam sein, eine Zeitlang völlig schweigend zu arbeiten, wobei sich der Lehrer mit einschließt. Dadurch werden die Kinder wach für die Beobachtung ihrer eigenen Arbeit und sind manchmal wie erlöst von sich selbst und darüber hinaus erstaunt, wie schnell die Arbeit in einer kurzen Zeit durch Konzentration vorwärtskommt. Dabei gibt es oft die köstlichsten Szenen, wenn Kind und Lehrer sich «sprachlos» mit Gesten und Zeichen über ein Werkproblem verständigen - was übrigens in diesem Unterrichtsbereich sehrgut möglich ist.
Die Stunde wird beendet durch die Aufforderung des Lehrers, mit dem Aufräumen zu beginnen. Jeder einzelne ist angesprochen! Das Werkstück wird als erstes zu dem Platz zurückgebracht, auf den es der Lehrer vor Beginn der Stunde gelegt hatte. Danach säubert jeder Schüler seinen Arbeitsplatz mit einem Handfeger, auch in den Ecken. Die Hobelbankzange wird beigedreht, und jedes Werkzeug findet seinen Platz.
Dann sitzen wieder alle Schüler wie beim Beginn der Stunde auf den Hobelbänken, und nun tritt absolute Ruhe ein. In dieser Stille kann dann noch ein Wort gesagt werden, das notwendig erscheint für die ganze Schülergruppe; wichtig ist, dass das muntere Treiben abklingen kann und jeder zur Ruhe zurückfindet. Dann werden die Namen der vier Schüler aufgerufen, die heute den Boden zu fegen haben. Die anderen verabschieden sich wieder durch Handschlag, wobei man dem oder jenem noch ein persönliches Wort zu dieser Stunde und zu seiner Arbeit sagen kann.
Ich habe nur in seltenen Fällen «Ordnungsämter» an Schüler vergeben, um etwa im Werkzeugschrank Ordnung zu halten usw. Jeder einzelne ist angesprochen, seinen Teil für die allgemeine Ordnung beizutragen, indem er am Ende der Werkstunde sein Werkzeug gewissenhaft dorthin aufräumt, woher er es entnommen hat. Das setzt eine klare Ordnung in den Schränken durch den Lehrer voraus. Je klarer diese ist, desto stärker kann sich der Schüler davon innerlich gehalten und gestützt fühlen. Gerade in einer Zeit, wo Menschen aus sich selbst so wenig Sinn für die Ordnung aufbringen, ist das notwendiger denn je. Im Grunde genommen sucht das Kind die Ordnung und fühlt sich wohl darin. Dass dadurch der Werkraum nicht nüchtern und trostlos in seiner Einrichtung wirken muss, ist eingangs geschildert worden. Ordnung und «Gemüthaftes», von dem die Kinderseele in der Werkstatt auch zehrt, schließen sich keineswegs aus.
Das Leben in der Werkstatt ist vielgestaltig; mannigfaltige Fähigkeiten werden im Kind geweckt, wenn es in der Gemeinschaft mit seinen Händen übt und tätig ist. Das ist eine notwendige Ergänzung zu den anderen Fächern. Aber es ist auch eine Hilfe für das Leben; denn wir lernen ja in der Schule, um die Welt zu verstehen und um in ihr einmal rechte Arbeit zu leisten. So hat der «Automobilkönig» Henry Ford gewiss recht, wenn er sagt: «Es ist etwas Großes um unser Tagewerk - etwas ganz Großes! Die Arbeit ist der Eckstein, auf dem die Welt ruht, sie ist die Wurzel unserer Selbstachtung.»
[1] Alle folgenden Zeichnungen von Werkstücken sind Wiedergaben von Schülerarbeiten.
[2] R. Steine, GA 303, 1921/22, 11. Vortrag